Das slowenische Entwicklungszentrum für den Werkzeugbau TECOS unterstützt seit 23 Jahren slowenische und ausländische Partner im Bereich des Werkzeugbaus, der Kunststoff- und Blechverarbeitung mit Simulationen und elastomechanischen Analysen. Für bestimmte Partner übernehmen wir auch umfassende Dienstleistungen wie die Entwicklung neuer Produkte.
Problemstellung
Unser Kunde L-TEK wandte sich an uns, um ihm bei der Entwicklung eines tragbaren EKG-Systems zu unterstützen. Das System soll dem Benutzer ermöglichen, seine eigene Herztätigkeit und andere Vitalparameter zu überwachen. Mittels einer App auf dem Mobiltelefon kann man feststellen, ob das Herz richtig funktioniert und gegebenenfalls den Arzt aufsuchen. Das Projekt trägt den Namen SAVVY.
Der Input für unsere Aufgabe war die Produktoberfläche. Die Grundform des Produkts besteht aus zwei Tropfen, die durch ein Silikonkabel verbunden sind. Im größeren Tropfen sind die Elektronik und der Akku untergebracht und im kleineren Tropfen nur die Elektronik. Die Vitalfunktionen des Benutzers werden über zwei Elektroden überwacht, die auf die Brust zu kleben sind. Die Elektroden sind über spezielle Knöpfe mit der Elektronik in den beiden tropfenförmigen Elementen verbunden.
Die Produktfunktion stellt folgende Anforderungen in Bezug auf die Konstruktion:
- Das Produkt muss wasserdicht sein: sowohl an den Knöpfen als auch an den beiden Kabelausgängen;
- Die Zähigkeit des Produkts muss so beschaffen sein, dass es sich nicht zerbricht, wenn es auf den Boden fällt;
- Da man das Produkt unter der Kleidung trägt, muss es möglichst formschlüssig sein, damit es bei alltäglichen Aufgaben und Aktivitäten, wie Laufen oder Radfahren, nicht störend ist;
- Das Produkt ist in Berührung mit der Haut, daher müssen medizinisch unbedenkliche Materialien verwendet werden, die keine Reaktionen auf der Haut hervorrufen und aus dem Produkt keine Stoffe in den Körper eindringen;
- Das Produkt kann im Temperaturbereich von -20 °C bis +50 °C benutzt werden;
- Weil der Benutzer das Produkt ständig bei sich trägt, war das Produktgewicht ein großes Thema. Am Ende haben wir es geschafft, das Zielgewicht von 21 Gramm zu erreichen.
Abbildung 1: Die Tropfen, die mit einem Kabel verbunden sind
Lösung
Bei der Konstruktion jedes Kunststoffproduktes geht man am Anfang aus den bekannten Funktionen des Produkts aus, wobei man in dieser Entwurfsphase gleichzeitig die technologischen und technischen Beschränkungen der Verfahren und Materialien in Kauf nehmen muss. Die Verfahren umfassen die Bearbeitung von Werkzeugen, die Kunststoffverarbeitung sowie die Fügetechnologie. Die Materialeigenschaften ergeben sich aus den verwendeten Werkzeugstählen, den thermoplastischen Werkstoffen, den zur Einfärbung der Thermoplaste verwendeten Farbstoffen und den zum Fügen verwendeten Klebstoffen.
Als Spritzguss-Material wurde das medizinisch unbedenkliche PP Bormed RF 830MO Polypropylen eingesetzt. Das Material besitzt alle Zertifikate für die Anwendung im Pharma- und Medizin-Bereich. Bormed ist durchsichtig, sofern musste es mit grünem Farbstoff eingefärbt werden. Die Zähigkeit und Temperaturbeständigkeit des Materials sind zufriedenstellend.
Am kniffligsten war die Gewichtsbegrenzung von 21 g für das komplette Produkt. Daher musste man schon vornehinein eine kleine Grundstärke nehmen, um das Gewicht innerhalb dieser Vorgaben zu behalten. Gleichzeitig musste darauf geachtet werden, dass das Produkt eine ausreichende Stärke aufweist, um die Formhohlräume der Werkzeuge auszufüllen.
Darüber hinaus muss man noch die Elemente für die Anbringung und Fügung erwähnen. Bei allen Elementen, die auf die Grundstärke des Produkts angebracht wurden, musste man auf das entsprechende Verhältnis zwischen den Stärken aufpassen. Ein falsches Verhältnis führt zu Produkt-Setzungen und -Verformungen. Mittels MOLDFLOW-Analysen wurden das Füllen, die Injektionsdrücke und die Unterschiede in der volumetrischen Schwindung an der Oberfläche der Produkte ausgewertet. Modellkorrekturen und Simulationen ermöglichten es uns, die Produkte schnell und effizient auf die gewünschte Form und Qualität zu optimieren.
Als problematisch zeigte sich die Konstruktion der Rippen und anderer Anschlussteile. Die Rippen sollten so dünn wie möglich sein, damit keine Setzungen auf der Grundfläche sichtbar sind, und dennoch stark genug, um ihre Funktion zur Positionierung des Akkus und der Schaltkreise zu erfüllen. Außerdem können sehr dünne Rippen nicht ausgefüllt werden oder sie haben nicht die ausreichende Festigkeit und gehen bereits während der Entnahme des Produkts aus dem Werkzeug kaputt.
Abbildung 2: Die Tropfen und Ladestation
Die Fügetechniken für das fertige Produkt stellten uns vor die größte Herausforderung. Das tropfenförmige Produktdesign scheint ziemlich simpel, wenn es um manuelle Montage geht, aber relativ kompliziert, wenn es automatisiert gehen soll. Für uns kamen das Ultraschallfügen oder Kleben als Montageoptionen in Frage. Das Ultraschallfügen beruht auf dem Prinzip, dass mechanische Energie an der Schweißstelle in Wärme umgesetzt wird. Das Problem ist, dass die Energie für das Fügen oberhalb der Schweißnaht eingebracht werden muss, was im Falle einer Tropfenform nicht möglich ist. Um die Ultraschall-Schweißnaht als ein U-förmiges Profil auszubilden, wurden Konstruktionslösungen mit speziellen Energierichtungsgebern eingesetzt, damit der Schweißprozess an einer bestimmten Stelle beginnen kann und man die Schmelze in die Seitenwände der Schweißnaht einführen kann.
Das Ultraschallfügen ist ideal für größere Produktserien, weshalb sich L-TEK zu Beginn des Projekts lieber für Kleben als das Fügeverfahren seiner Wahl entschied. Das Produkt musste etwas angepasst werden, da man bei der Klebetechnik genügend Spiel für den Klebstoff an der Verbindung lassen muss. Bei Ultraschall werden die zu verbindenden Produkte um die Höhe des „Kollapses“ beabstandet. Der Kollaps bedeutet, wie viel Schmelze entsteht und die Schweißnaht ausfüllt. Die Verklebung von PP-Produkten ist daher problematisch, da man die Oberflächenspannung entsprechend verändern muss, wenn man eine wasserdichte Verbindung schaffen will. Dies kann durch die geeignete Oberflächenbehandlung mit verschiedenen Verfahren wie Flammen-, Plasma- oder Corona-Behandlung erreicht werden. Für SAVVY wurde die Oberfläche mit Plasma behandelt, um gute Haftung und hochwertige Klebeverbindung zu gewährleisten.
Schlussfolgerung
Die Arbeit am SAVVY-Projekt verlief nicht ohne Probleme; aber alle Partner, von SAVVY, L-TEK bis hin zu TECOS, haben sich sehr bemüht, um sicherzustellen, dass die gemeinsam entworfenen Produkte, letztendlich die gewünschte Form und Qualität bekommen. Die Produkte sind nun auf dem Markt. Jetzt liegt es an den Benutzern, ihre Benutzerfreundlichkeit und Qualität zu beurteilen.